Seit 2011 realisieren und gestalten wir Filmworkshop in Gebärdensprache mit den Grundschüler*innen der Ernst-Adolf-Eschke Schule für gehörlose Kinder in Berlin.
Das Filmangebot für gehörlose Kinder ist verschwindend gering. Daher war es unser Wunsch, Filme mit und von Kindern in deutscher Gebärdensprache zu gestalten und umzusetzen. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie die Kinder während des Märchentrickfilmprojektes an ihren Aufgaben wachsen und mit viel Freude und Stolz das in seiner Machart charmante Ergebnis der Aussenwelt präsentieren. Dadurch wächst sowohl ihr Selbstbewusstsein als auch das Selbstverständnis des Gebrauchs der Gebärdensprache in der Öffentlichkeit.
Wir erzählen Märchen mit den Kindern in deutscher Gebärdensprache (DGS) und entwickeln gemeinsam mit ihnen eine Ästhetik und Bildsprache, die Gehörlose und Hörende gleichermaßen anspricht. Die Kinder können dabei erleben, dass ihre Sprache (die DGS) nicht als Besonderheit nebenbei übersetzt wird, sondern zentrales Element des Films ist. Das Märchen wird aus einer Mischung von Real- und Animations- bzw. Collagenfilm erzählt. Durch die enge Zusammenarbeit mit Gehörlosen soll Hörenden ein Zugang zur Erlebnis- und Vorstellungswelt der Gehörlosen ermöglicht werden und neugierig machen. Die DGS ist in unserer Märchenwelt nicht nur eine Sprache der Kinderdarsteller*innen, sondern auch ihre Umwelt, z.B. Bäume stellen sich selbst mittels einzelner Gebärdensymbole als animierte Objekte dar und werden so spielerisch erlernbar gemacht.
Die Projekte möchten einen Raum schaffen, in dem sich gehörlose wie hörende Menschen interessiert und offen begegnen, um Ängste und Vorurteile abzubauen. Auch tragen die Kinder begeistert dazu bei, dass auch Kindern, die auf die Gebärdensprache angewiesen sind, Märchen zugänglich gemacht werden können.
Neben der gemeinsamen inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Kindern über die Märchen und dessen Bearbeitung und Umsetzung in einen Trickfilm, in dem die Kinder die Darsteller sind, möchte das Projekt eine Aufmerksam für Kinder schaffen, die auf den Gebrauch der Gebärdensprache als wertvolles Kommunikationsmittel angewiesen sind, um sich frei ausdrücken, mitteilen und austauschen zu können. Die Gebärdensprache fasziniert durch ihre Komplexität und differenzierte Ausdrucksmöglichkeiten. Sie ist seit 2002 als selbstständige Sprache anerkannt, nicht international und findet visuell räumlich statt. Da sich ihre Grammatik grundlegend von der der deutschen Lautsprache unterscheidet, ist die an der Lautsprache orientierte Schriftsprache für Gehörlose schwer verständlich und fassbar. Dies ist der Grund dafür, warum viele Gehörlose kaum und ungern lesen und gehörlosen Kindern Märchen kaum zugänglich gemacht werden können. Es sei denn sie werden gebärdet.
Bisher sind die Märchen ROTKÄPPCHEN 2011, ROTKÄPPCHEN, DACKEL UND DER WOLF (generationsübergreifendes Märchenfilmprojekt) 2012, SCHNEEWITTCHEN 2013, DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN 2016 und DIE SCHNEEKÖNIGIN 2018/19 in Gebärdensprache entstanden, die auch erfolgreich auf Kinderfilmfestivals liefen. Wir freuen uns, dass DIE SCHNEEKÖNIGIN im Dezember 2020 auf dem BR “Sehen statt Hören” seine TV Premiere feiern wird.
Das Märchenfilmprojekt DER GESTIEFELTE KATER wurde aktuell vom Projektfonds kulturelle Bildung gefördert und wird, sollte sich die Situation nicht ändern, ab Herbst 2020 starten.